Pfarrer Dopheide – Christlicher Glaube
Stellen Sie sich bitte kurz vor und erzählen uns, was Sie bei Hephata machen!
Mein Name ist Christian Dopheide. Ich bin 56 Jahre alt und seit 2007 einer der zwei Vorstände der Evangelischen Stiftung Hephata, und zwar der theologische.
Ist es tatsächlich so, dass Hephata Bewerber mit christlicher Konfession bevorzugt einstellt?
Ja.
Aus welchem Grund?
In der Satzung der Ev. Stiftung Hephata heißt es: „Die Stiftung ist ein freies Werk der Diakonie der Evangelischen Kirche im Rheinland. Sie ist Mitglied des als Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege anerkannten Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche im Rheinland und dadurch zugleich dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland angeschlossen. Ihr Dienst ist Wesens- und Lebensäußerung der Kirche. Die leitenden Mitarbeiter sollen evangelischen Bekenntnisses sein. Die weiteren Mitarbeiter sollen einem christlichen Bekenntnis angehören.“ An diese Satzung sind wir gebunden.
„Soll“ heißt in der Sprache des Rechts: „Muss, wenn kann“. Wir haben uns also vornehmlich für Bewerberinnen und Bewerber zu entscheiden, die einer christlichen Kirche angehören – wenn die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen im Übrigen gegeben sind. Ausnahmen sind zulässig, wenn sie begründet sind. Nach diesem Prinzip geht unsere Personalabteilung auch mit eingehenden Bewerbungen um.
Man kann allerdings auch die Auskunft, dass in einer christlichen Stiftung überwiegend Christen arbeiten, für so selbstverständlich halten wie die Auskunft, dass in einem Gewerkschaftsbüro hauptsächlich Gewerkschafter arbeiten, bei der SPD vornehmlich Sozialdemokraten, in einer Moscheegemeinde Muslime und in einer Metzgerei kaum Vegetarier.
Aber widerspricht das denn nicht Ihrem Leitbild der Inklusion? Dürfen da solche Unterschiede überhaupt noch gemacht werden?
„Inklusion“ heißt für mich, Vielfalt als Reichtum zu erleben. Inklusion heißt gerade nicht, die Existenz vielfältiger Unterschiede zu leugnen. Der Islam etwa gehört zur religiösen Vielfalt, die unsere Gesellschaft reich macht. Der überzeugte Atheismus auch. Der Agnostizismus, der den religiösen Fragen gar keine Bedeutung zumessen will, ebenfalls. Das Christentum allerdings auch. Hephata ist eine christliche Stiftung.
Ich weiß, eine Stiftung, die christlich bleiben möchte, gilt schnell als intolerant. Das ist sie aber nicht, sie misst bloß der religiösen Dimension unseres Lebens eine Bedeutung zu. Sie teilt diese Wertschätzung der Religion übrigens mit vielen nichtchristlichen Menschen weltweit.
Wie sind denn Ihre Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit nichtchristlichen Mitarbeitenden?
Konfessionen sind ja keine Schubladen, sondern eine sehr individuelle Angelegenheit. Ob man aus Gleichgültigkeit aus der Kirche ausgetreten ist oder wegen einer konkreten Erfahrung, ob man in der ehemaligen DDR aufgewachsen ist oder einer Familie anderer Religionszugehörigkeit entstammt: Das sind ja ganz erhebliche Unterschiede. Da kann man gar nicht zueinander finden, ohne über diese Themen geredet zu haben. Etwa darüber, weshalb bei uns Speisegebote und Gebetszeiten eine untergeordnete Rolle spielen, während der Person Jesu Christi eine ganz zentrale, erkenntnis- und handlungsleitende Bedeutung zukommt. Wer seine eigene Religion (und sei es die atheistische) ernst nimmt, prüft dann sehr genau, ob er oder sie denn tatsächlich im Auftrag Jesu Christi tätig werden kann und will. Gerade weil das so ist, wird für uns die Zusammenarbeit mit nichtchristlichen Mitarbeitenden, wenn wir denn letzten Endes zueinander gefunden haben, fast immer zu einer durchaus guten Erfahrung. Zu einem Regelfall wird sie deshalb aber, soweit ich derzeit sehe, nicht werden können.
Marco Meskendahl
26. Juli 2013 @ 11:10
Hallo Herr Pfarrer,
– keine Kirchensteuer zahlen und dennoch Christ sein – . Geht das überhaupt? Erst einmal freut es mich natürlich, in Ihrem Bericht davon zu hören, daß die Stiftung auch bei der Zusammenarbeit mit nichtchristlichen Mitarbeitern gute Erfahrungen gemacht zu haben. Warum zahle ich keine Kirchensteuer, die bei meinem Einkommen vermutlich ehr gering ausfallen dürfte? Als Kind im Kreis der altlutherischen Gemeinde Radevormwalds aufgewachsen, zog es meine Familie später nach Mönchengladbach, wo ich in die reformierte, evangelische Gemeinde eintrat. Die spätere Teilnahme am Komformations Unterricht war für den Pfarrer der dortigen Gemeinde kein Problem. Als man am Tag der Komformation, die noch vollführt wurde und dem fallenden Stichwort “ altlutherisch “ dann plötzlich mit den Worten vor mir stand, wie man mich denn überhaupt noch auf den “ rechten Weg “ zurückführen könne, trat meine Familie enttäuscht aus der Kirche aus. “ Die Bibel in gerechter Sprache „, diverse Internet Seiten, das Kennenlernen von Caritas, dem Volksverein, der Hephata Stiftung und weiteren kirchlichen Einrichtungen, haben mich bereits im letzten Jahr dazu bewogen nachzufragen, an wen ich mich wenden müsse, wenn ich der Kirche erneut beitreten möchte. Wäre schön, Sie könnten mir hierzu ein kleines Stichwort zusenden. Ach ja, und sorry, daß ich mich mit dieser Bitte direkt an unsere Vorstand wenden muß.
Gruß, Marco Meskendahl
Christian Dopheide
2. August 2013 @ 13:13
Lieber Herr Meskendahl,
sich an den Vorstand zu wenden, erfordert bei uns keine Entschuldigung. Es geht ja nicht um Fragen des Protokolls, sondern um Zweckmäßigkeit. Erstens löst man Probleme am besten möglichst nah am Ort ihrer Entstehung, zweitens haben in unserem Unternehmen sehr viele Leute von sehr vielen Dingen sehr viel mehr Ahnung als ich – und drittens braucht man, wie Sie merken, bei Fragen an den Vorstand ein wenig Geduld, bis die Antwort da ist. Mit Ihrer Frage aber sind Sie bei mir schon ganz richtig. Sie macht mir auch Freude, weshalb ich Ihnen gerne antworte.
„Keine Kirchensteuer zahlen und dennoch Christ sein“ – obwohl vor einiger Zeit ein Gericht im Prozess eines Theologieprofessors gegen seine (katholische) Kirche anders entschieden hat, würde ich persönlich meinen: das geht. Weil es aber, bei Licht betrachtet, nicht ganz fair wäre, sollte es trotzdem nicht geschehen (wobei Freikirchen, die sich nicht als Religionsgemeinschaft nach Art. 140 Grundgesetz anerkennen lassen, statt einer Kirchensteuer meist den wesentlich höheren „Zehnten“ erheben).
Als ein wenig unfair empfinde ich den Gedanken, ein „beitragsloser Christ“ zu sein, weil ja kein Mensch ohne einen anderen Menschen Christ wird. Der christliche Glaube ist ein „Kommunikationsraum“, der sich nicht nur über die ganze Welt, sondern, dank der Geschichten des Alten und Neuen Testaments, über mehrere Jahrtausende hinweg erstreckt. An manchen Stellen des Alten Testaments, etwa bei der Geschichte vom Turmbau zu Babel, reicht er bis in die Anfänge der menschlichen Zivilisation zurück. Mich fasziniert es ungemein, dass die Botschaft von der VORAUSSETZUNGSLOSEN LIEBE GOTTES, welche nun wahrlich nicht an die Kirchensteuer gebunden ist, so tief in die Kommunikationsgeschichte der Menschheit eingebunden ist: wir wissen’s, weil es uns erzählt wurde. Und die, die nach uns kommen, werden’s wissen, weil und wenn wir es nacherzählen. Der Wald nämlich, von dem viele sagen, sie könnten Gott auch dort finden, ist, für sich genommen, ziemlich stumm. Er fängt erst an zu reden, wenn wir durch den Glauben Ohren haben, die ihn hören können.
Kommunikation erfordert, dass sich Menschen zusammentun. Sich buchstäblich: „verabreden“. Durch „Verabredungen“ entstehen Organisationen. Zum Beispiel eine Kirchengemeinde oder eine Stiftung wie unsere. Organisationen aber verzehren Ressourcen. Unsere Ressourcen sind die Leistungsentgelte, die wir uns durch Arbeit verdienen. Die Ressource einer Kirchengemeinde ist der Beitrag – egal, ob das die Kirchensteuer, ein Mitgliedsbeitrag oder der „Zehnte“ ist. Wer also positiv dazu steht, dass ihm im „Kommunikationsraum Glaube“ etwas weitererzählt und zugesprochen wurde, wird selbst etwas dazu beitragen wollen, dass dieser Raum erhalten bleibt, damit auch die „Nachfolgenden“ einbezogen werden können.
Dass man immer wieder Grund hat, sich über einzelne Menschen (und manchmal auch ganze Institutionen), die zu diesem Kommunikationsraum gehören, nach Kräften zu ärgern – ja, dass man manchmal durch solche Erfahrungen bis an den Rand dieses Raumes oder gar aus ihm hinaus getrieben wird: das weiß ich, lieber Herr Meskendahl, nur zu gut. Unterm Strich aber war es bei mir bislang immer so, dass ich die Kirche, um Christi willen, immer ein ganz kleines bisschen mehr lieb gehabt habe, als ich mich über sie geärgert habe. Ich hoffe für mich, dass das auch so bleibt. Ich habe aber natürlich keine Garantie dafür.
Sie und Ihre Familie hat es bei einer Gelegenheit „über den Rand hinaus getrieben“, was mir natürlich sehr leid tut. Wenn Sie nun für sich spüren, dass Gott selbst immer ein gehöriges Stück größer ist als die Vorstellung, die Menschen sich von ihm machen; wenn Sie also merken, dass Sie aus SEINER Kommunikation gar nicht verloren gehen konnten; und wenn Sie (so verstehe ich Ihre Zeilen) es unterm Strich als fair empfinden, sich wieder „unters Volk“ zu mischen: dann tun Sie das. Die Freude im Himmel wird groß sein. Aber vergessen Sie bitte nicht, auch Ihren Ärger wieder mit hinein zu nehmen. Es war der Ärger über eine Enge und Intoleranz, die zur FREIHEIT DER KINDER GOTTES in der Tat nicht gut passt. Die Kirche, wenn sie denn KIRCHE DER FREIHEIT bleiben will, braucht in ihrer Mitte Leute, die sich nicht das Zaumzeug vorgefertigter Überzeugungen anlegen lassen. Also: willkommen in „Ihrer Kirche 2.0“!
Den Weg hinein kennt die Gemeinde, in deren Bereich Sie Ihren Wohnsitz haben. Im Zweifel weiß in unserer Stiftung Herr Schwalenbier am besten, was zu tun ist. Per Email können Sie schnell ein Gespräch mit ihm vereinbaren.
Mit bestem Gruß,
Ihr Christian Dopheide
Marco Meskendahl
2. August 2013 @ 15:16
Hallo H. Dopheide,
kaum eine Woche ist es her, seitdem ich mich an sie gewandt hatte, und mit einer so ausführlichen und intensiven Antwort, sprich Reaktion, hatte ich wahrlich nicht gerechnet. Danke !! Am Montag endet mein Sommerurlaub, so dass ich mich gemäß ihres Tipps an Herrn Schwalenbier wenden kann. Vielleicht finden wir Zeit, schon recht bald zu einem Gespräch zusammen zu kommen.
Mit bestem Gruß,
Ihr Marco Meskendahl